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                        Ein kleiner, feiner 
                          Band: schwarze Pappe, roh, fast derb - doch da tritt 
                          am Rücken ein roter Faden hervor, der zurückschrecken 
                          läßt. Zärtlich hält man das Ding 
                          nun in Händen, das so grob und einfach erschien, 
                          wie einen Vogel, den man in sein Nest zurücksetzen 
                          möchte. 
                          Man streicht über das Etikett, spürt darunter 
                          die Blindprägung, weinrotes Vorsatzpapier lädt 
                          zum Blättern ein. Dann aber folgt kein Büttenpapier, 
                          statt dessen holzhaltige Blätter, die unaufhaltsam 
                          vergilben - das war der Wunsch des Autors, sein Kontrapunkt 
                          gegen das Feine, damit es nicht süßlich werde 
                          ... 
                           
                          Mit dem Bändchen erscheint erstmals eine Sammlung 
                          jener 42 Gedichte, die Wolf Wondratschek für seinen 
                          Sohn verfasst hat. In einer Nachbemerkung schreibt der 
                          in Wien lebende Autor über ihre Entstehung: 
                           
                          "Am 27. Juli 1991, gegen drei Uhr morgens, kam 
                          mein Sohn zur Welt.  
                          Ich versuchte durchzuatmen und mit dem Anblick, der 
                          sich mir bot, übereinzustimmen, beschützt 
                          von den Strahlen, die Mutter und Kind, das Bett, das 
                          Zimmer, den beginnenden Tag zum Leuchten brachten. Abends 
                          dann, allein zuhause, schrieb ich ein Gedicht, das erste 
                          jener Gedichte, die hier zum ersten Mal gesammelt im 
                          Druck vorliegen. 
                          Sie begleiten die Jahre seines Lebens vom Kleinkind 
                          zum Jungen, zum Jüngling und jungen Mann. Ich schrieb 
                          sie, die frühen, für mich. Später, als 
                          er sie vielleicht noch nicht ganz verstehen, aber immerhin 
                          doch lesen konnte, schrieb ich welche direkt für 
                          ihn, Post zum Geburtstag oder zu Weihnachten.  
                          Noch später versenkte ich hin und wieder einfach 
                          ein Gedicht in seinem Briefkasten, einfach so.  
                          Ein Lebenszeichen. Hier ist einer, der an dich denkt, 
                          einer, der nicht glaubt, dass alles, was zu sagen ist, 
                          am Telefon gesagt werden kann." 
                           
                          Die Erstauflage vom Dezember 2014 war nach vier Wochen 
                          ausverkauft.  
                          Nun erscheint auf Wunsch zahlreicher Wondratschek-Sammler 
                          eine überarbeitete Zweitauflage in unverändert 
                          biobliophiler Gestaltung. 
                           
                           
                           
                           Leseprobe 
                           
                           
                          Raoulito 
                           
                          Da liegt er, 
                          der kleine Kerl, 
                          in seinem Bettchen  
                          und schläft. 
                        Schade 
                          eigentlich,  
                          dass er mit jedem Tag  
                          uns Menschen immer  
                          ähnlicher wird. 
                           
                           
                           
                          Raoulito zum 
                          19. Geburtstag 
                           
                          Gesund leben. Kein Zucker. 
                          Kein Zucker im Senf, im Apfelsaft,  
                          in der Liebe, nicht ein Kristall.  
                          Überhaupt kein Zucker. Nicht 
                          in Büchern, in Bildern, in Gesprächen,  
                          nicht einmal in Gedanken. 
                           
                          Wenn du im Park einen triffst,  
                          der mit Füßen gegen Bäume tritt,  
                          das kommt davon. 
                        Rauchen ja, aber kein 
                          Zucker. 
                          Wenn du sterben willst, in Ordnung,  
                          aber kein Zucker. 
                        Die schönste aller 
                          Frauen, meinetwegen,  
                          diese eine Stunde mit ihr, einverstanden,  
                          aber Hände weg vom Zucker. 
                        Wirf die Eiswaffel weg 
                           
                          auf dem Weg nachhause.  
                          Geh nachhause. 
                         
                           
                          Geld? Ach, Geld! 
                          Es ist nichts, es ist Papier, 
                          Millionen, Milliarden, Billionen,  
                          es ist wie Geschwätz. 
                          Lass es, wenn du kannst, in Ruhe.  
                          Lass das Geld, das lügt, liegen.  
                          Lass es nicht unter deine Haut. 
                          Geld ist gut gegen Angst, macht aber 
                          mit den Ängstlichen, was es will.  
                         
                           
                           
                          Pressestimmen 
                           
                           
                          In starken schwarzen Karton gebunden, 
                          mit rotem Faden geheftet: Es sind nur fünfzig Seiten, 
                          die Gedichte, die Wolf Wondratschek für seinen 
                          Sohn geschrieben hat. Für Raoulito. Wir kennen 
                          ihn schon, aus dem zärtlich-schönen Prosaband 
                          „Das Geschenk“, der vor ein paar Jahren 
                          bei Hanser erschien.  
                          Dies Buch hier aber, das jetzt gerade im quartus-Verlag 
                          in Jena in winzig kleiner Auflage erschienen ist und 
                          den Titel „For a Life without a Dentist“ 
                          trägt, das zeigt den Dichter Wolf Wondratschek 
                          in der Form seines Lebens. So schön und stolz und 
                          weise, melancholisch und genau. (...)  
                          Es sind Gedichte, die den Dichter bei der Verwandlung 
                          zeigen. Jeden Tag eine Verwandlung beim Anblick seines 
                          Sohnes. Was kann er ihm beibringen? Wovor ihn beschützen? 
                          So vieles gibt es da zu dichten. Was am wichtigsten 
                          scheint: Warnung vor Zynismus, vor Menschen, die immer 
                          schon alles wissen und die Welt kleinreden, die für 
                          jeden neuen Menschen erst mal groß erscheint. 
                          „Lass dich nicht dumm machen / von Leuten, die 
                          alles wissen. / Sei nachsichtig! / Erwarte nichts! / 
                          Es ist, und niemand weiß es, / ein herrlicher 
                          Tag.“ 
                          Volker Weidemann, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 
                          14. Dezember 2014 
                           
                          ... berührende Verse ... 
                          Ralph Grüneberger, Neues Deutschland, 
                          22. Dezember 2014 
                           
                          Jetzt meldet sich Wolf Wondratschek nach Jahrzehnten, 
                          in denen er Erzählungen ("Auf dem Graben") 
                          und Romane ("Mara") schrieb, mit einem einzigartigen 
                          Gedichtband zurück. 
                          Kurier (Wien), 17. Februar 2015  
                           
                          Ein neues Buch von Wolf Wondratschek ist bereits an 
                          sich ein Ereignis, jede Verlautbarung dieses streitbaren 
                          und zumal als Lyriker jahrzehntelang unglaublich erfolgreichen 
                          Dichters ist wert, dass man sich ihr aussetzt. Mit seinem 
                          neuesten Streich... toppt der Wahl-Wiener diesen Umstand 
                          gleich in mehrfacher Hinsicht. ... „For a Life 
                          …“ ist ein Buch der Liebe und des Staunens 
                          ... Tief berührend ist das, teils erheiternd; Signum, 
                          wie das Vorhandensein von Nachkommen selbst in das Leben 
                          der Dichter eingreift. 
                          André Schinkel, in: Palmbaum, 
                          Heft 1/2015 
                           
                          Selbst eingefleischte Wondratschek-Leser wie ich, die 
                          besonders in der jugendlichen Hormonschubphase die Lyrik 
                          des ewigen Frauenverführers in Machopose verschlungen 
                          haben, sind verblüfft über die Zartheit im 
                          Ton dieser Widmungsgedichte. Jens-Fietje Dwars hat sie 
                          alle in einem bibliophilen Bändchen versammelt. 
                          Das liebevoll ausgestattete Buch wird so manchen hartgesottenen 
                          Vater zu Tränen rühren und ist ein ganz besonderes 
                          Geschenk ... 
                          Anton G. Leitner. Videokolumne DAS GEDICHT 
                          vom 7. April 2015 
                         
                           
                         
                           
                         
                          
                         
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