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Bücher
Johannes R. Becher: Wolkenloser Sturm

 

Johannes R. Becher: Wolkenloser Sturm
Ahrenshooper Gedichte
Mit 25 Schwarz-weiß-Fotografien und einem Nachwort
von Jens-F. Dwars

Edition Ornament im
quartus-Verlag, Bucha 2020

Japanische Blockbindung in Festeinband mit Schutzumschlag,
64 S., 18 EUR (D) / 18,50 EUR (A)

ISBN 978-3-947646-14-2
zu bestellen beim
Herausgeber.

Johannes R. Becher (1891-1958) war der Staatsdichter der DDR. Zu Lebzeiten schon zum Denkmal seiner selbst erstarrt, scheint er heute vergessen zu sein. Einst gerühmt im Osten als „Dichter des Friedens“ und verdammt im Westen als „Verräter am Geiste“, wird er kaum noch gelesen. Die vorliegende Auswahl von 25 Gedichten aber zeigt uns einen anderen Becher: einen Zweifler und Naturdichter, der sich von billigen Hoffnungen lossagt und den Einklang der Elemente besingt. Entstanden sind die berührenden Verse zwischen 1946 und 1950 in Ahrenshoop, dem Fischerdorf auf dem Darß, das durch Becher und seinen Kulturbund auch in der DDR ein Rückzugsort für Künstler blieb. Die Fotografien des Herausgebers entstanden in den vergangenen 15 Jahren rings um Ahrenshoop.


Die Presse urteilt:

Wie tief die Kluft war zwischen dem Funktionär (der dann 1957 nach dem Schauprozess gegen Walter Janka und Wolfgang Harich physisch zusammenbrach) und dem Dichter, machen die Gedichte spürbar, die er in Ahrenshoop schrieb.
Dort, wo er in der rauen Ostseelandschaft das Spiel der Elemente beobachtete und spürte dass ihm hier die Gedichte auf einmal wie von selbst zuflogen. Als hätte er seine Rüstung abgelegt, wäre wieder fühlender und ganz von der Wucht des Lebens beeindruckter Mensch.
Ralf Juhlke, Leipziger Internet-Zeitung

„...wunderbare Natur- und Liebesgedichte.“ Thüringische Landeszeitung

„...ein zu Unrecht vergessener Naturlyriker.“ Ostsee-Zeitung

 


 
Leseprobe

WINDFLÜCHTER
Bäume im Darß (Ahrenshoop)

Sie haben einen Grund noch, einen festen,
Und dennoch hält der Grund sie a1lzu fest.
Sie flüchten vor dem Wind mit allen Ästen
Und halten fest, hinauf bis zum Geäst.

Die Äste splittern in den Windgewittern,
Und aus der Tiefe schöpft der Wind das Meer.
Er schleudert Wogenberge, grau und schwer,
Daß auch die Stämme in den Wurzeln zittern.

Gestalten mit verkrüppelten Gelenken,
Nur in den Wurzeln regt sich noch ein Wille.
Das Meer, der Wind, die Wolken - eine Wucht,

Die Bäume scheinen sich noch zu verrenken,
Wenn Meer und Himmel atmen wieder Stille.
Sie sind noch in der Stille auf der Flucht.


WOLKENLOSER STURM

Wolkenloser Sturm. Im blauen Stürmen
Reinen Himmels sich das Meer erhebt,
Wenn sich Wellen über Wellen türmen
Und der Sturm sie unter sich begräbt.

Wellenhügeln gleich die Felder wehen,
Und das Land schwankt wie ein Wogengang.
Bäume knieen nieder und erstehen
In dem wolkenlosen Sturmgesang.

Nieder steigt das Meer, um aufzusteigen,
Bis ein jeder Wellenberg verneigt
Sich vor jener Stille, deren Schweigen
Donnernd in den Sturm herüberschweigt.

Auch der Glanz der Sonne muß erzittern
Vor dem wolkenlosen Übermut,
Und sie tanzt auf Wellen wie auf Splittern,
Spiegelnd sich in der kristallenen Flut.


WAS UNS BETRÜBT, was uns erfreute,
Geschah vordem schon in der Zeit.
Was gestern war, ist hier und heute,
Und in den Heute liegt bereit,

Was alles morgen sich gestaltet,
Und das, was übermorgen ist,
Und nur solch eine Zeit veraltet,
Die diese ihre Zeit vergißt.




Herstellung: poliTEXTbüro Update: 17.05.2021